Osteopathie - Pferdeosteopathie

Sabine Grewe
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Osteopathie

Was ist Osteopathie

Der folgende Text stammt von dem 2003 tragisch bei einem Verkehrsunfall verstorbenen Herrn Pascal Evrard, der massgeblich für die Entwicklung und anfängliche Verbreitung der Pferdeosteopathie in Deutschland verantwortlich war.
Der Text ist vielleicht etwas umfangreich, gibt dafür aber einen aufschlussreichen Einblick in die Grundlagen und Möglichkeiten der Pferdeosteopathie.


PFERDE OSTEOPATHIE

Weil das Pferd als ein Ganzes funktioniert!
Pascal Evrard D.O.

Seit Beginn der Menschheit hat der Mensch immer versucht, die körperlichen Leiden seiner Mitmenschen zu lindern. Es ist ihm schnell klar geworden, daB er mit den Händen heilen und lindern konnte. Alle Bräuche der Menschheit wie Ayurveda, Essenzen, Schamanentum, Druiden, Taoismus und Tibetische Heilkunst haben in verschiedenen Formen Manuelle Therapien durchgeführt.

In der näheren Vergangenheit haben Hippokrates, Gallien, Avicenn und viele andere täglich Gelenke manipuliert, was sie in ihren berühmten Werken geschildert haben. Hippokrates hat sogar gesagt : " Ich schätze die Manuelle Medizin der Ärzte sehr ! .Was also die Schädelmanipulationen und Liquorzirkulation angeht, haben die Osteopathen diese Praktiken nicht erfunden. Die manuellen Techniken, die angewendet werden, waren schon in der Blütezeit der Antike bekannt. Der Osteopath hat seinen Ansatz gefunden, in dieser Art und Weise Gesundheit zu verstehen und diese Überlegungen haben zu dem Einsatz der bereits bekannten Idee des Manipulierens geführt. Die Osteopathie ist also keine neue Wissenschaft, im Gegenteil, sie wurde vor hundert Jahren von Dr. Andrew Taylor Still (1828-1917) begründet und steht immer noch in voller Entwicklung.

" Osteopathie " ist ein Begriff, der auf den Einfluss einer Krankheit hinweist, auf die Ursache und die manuelle Behandlung und nicht auf eine Erkrankung oder einen lokalen Schmerz des Knochens. Sie ist die Erforschung bzw. Untersuchung der inneren  Auswirkungen, die strukturell bedingt sind. Nach Still waren andere Osteopathen erfolgreich: Littlejohn H., W.G. Sutherland, Magoun H. u.a.  In den 70er Jahren hat ein Französischer Tierarzt begonnen, die Osteopathie für den Menschen zu erlernen und auch (mit Erfolg) auf Pferde zu übertragen. Er ist gewisser maßen einer der Pioniere der Pferdeosteopathie in Frankreich.  Mittlerweile haben auch andere Osteopathen versucht, die Idee der Behandlung des Menschen auf Pferde zu übertragen.

1. Die Wechselbeziehung zwischen Struktur und Funktion

Das bedeutet, dass ein Pferd beispielsweise nicht normal funktionieren kann, wenn seine Haltungsstrukturen einen Teil der Mobilität verloren haben. wenn sich seine Knochenstrukturen, die muskulären Strukturen und/oder die visceralen (die inneren Organe betreffend) Strukturen ändern, wird sich auch ihre Funktion ändern und umgekehrt (z.B. eine Dysfunktion der Eierstöcke bei einer Stute kann später zu einer Gelenkblockierung in Höhe des Beckens führen)

2. Arterielle Regel
Das gute funktionieren der Organe und Zellen ist vollkommen abhängig von einer guten Flüssigkeitsversorgung (Blut, Lymphe, Gehirnflüssigkeit). Wenn diese Versorgung gestört ist, ist das betroffene Organ geschwächt. Die Funktion ist beeinträchtigt und es kann sich z.B. leichter eine Infektion entwickeln, weil die Einnistung von Mikroben oder eines Virus nicht  mehr optimal bekämpft werden kann. Das kann z.B. in Höhe des Strahlbein geschehen, wenn dies Region nicht gut durchblutet wird aufgrund eines Mobilitätsverlustes des 7. Halswirbels.

3. Die Gesamtheit des Körpers.
Dieses Prinzip besagt, dass wenn ein Pferd an einer Stelle des Körpers eine Störung hat, dies eine Auswirkung auf die Gesamtheit des Körpers nach sich ziehen wird. D.h. eine Gelenkblockierung zwischen Pferdeschädel und 1. Halswirbel kann ein Problem an der Fußwurzel nach sich ziehen.

Der Pferdekörper funktioniert als ein Ganzes. Sowohl die Untersuchung als auch die Behandlung des Osteopathen konzentriert sich auf die Bewegung des Pferdes und die mechanischen Probleme im Körper. Für den Osteopathen ist der Pferdekörper ein intra-aktives Ganzes, das sich selbst automatisch reguliert und korrigiert, unter der Bedingung, dass die Knochen und die Organe perfekt beweglich sind.

Wenn nur ein Teil des Körpers untersucht wird, kann eine falsche Diagnose gemacht werden. Darum muss der Osteopath das Ganze im Auge behalten.

4.Die Fähigkeit zur Selbstheilung.
Bei der osteopathischen Behandlung werden die verschiedenen Blockierungen gelöst, im Sinne einer Reharmonisierung des Körpers. Mit dieser Manipulation gibt der Osteopath dem Körper einen gezielten Reiz und damit die Möglichkeit, sein persönliches Gleichgewicht wieder herzustellen. Er wendet sich damit an die Selbstheilungskräfte des Körpers.


Die osteopathische Läsion (Bewegungseinschränkung)
Die osteopathische Läsion drückt sich also durch einen Bewegungsverlust aus, der in allen anatomischen Strukturen wie Knochen, Muskeln, Sehnen, Organen, Fascien, Bindegeweben usw. zum Ausdruck kommen kann. Diese Mobilitätsstörung wird durch den Osteopathen dank der Mobilitätstests wahrgenommen.

Es gibt also eine Einschränkung des Bewegungsausmaßes, eine Fixierung, eine Gelenkblockierung. Man darf sich in keinem Falle eine komplette Verrenkung oder Verschiebung des Wirbels vorstellen. Dies würde eine massive orthopädische Verletzung und eine derartig akute Symptomatik zeigen, das sie nicht in den Kompetenzbereich eines Osteopathen fällt. Es ist also kein verschobener Wirbel oder ein verschobenes Gelenk welches der Osteopath einrenkt, sondern vielmehr Gelenke mit eingeschränkter Mobilität. Ziel ist ein Mobilitätsgewinn!


Der Osteopath ist kein Chiropraktiker!
Die Osteopathie ist keine Therapieform, die sich nur auf die Muskeln und das Skelett richtet. Der Osteopath ist daher auch kein Chiropraktiker, denn er unterzieht alle Gewebe, direkt oder indirekt, einer osteopathischen Untersuchung. Und bringt, wo nötig, Korrekturen an.


Die osteopathische Behandlung.
Die osteopathische Behandlung beinhaltet eine " Überprüfung ob es sich optimal bewegt " von Bedeutung ist als nicht die Form des Gelenkes oder des Gewebes, sondern vielmehr, wie es sich bewegt und wie es lebt (Qualität der Bewegung). Nach der Untersuchung wird der Osteopath entscheiden, ob er z.B. Manipulationstechniken anwendet, Fascientechniken, Reflextechniken, cranio-sakrale Techniken oder funktionelle Techniken anwendet, je nachdem welche Gewebestruktur(en) korrigiert werden soll(en). Die genannten Korrekturen werden in Kenntnis und Ergänzung bzw. Übereinstimmung mit der schulmedizinischen Lehre eingesetzt.

Der Osteopath drängt dem Organismus keine neue Funktion auf, er gibt dem Körper lediglich den notwendigen Impuls, den Heilungsprozess einzuleiten. Auf diese Weise setzt der Körper seine eigenen Fähigkeiten zur Selbstheilung in Kraft. Das Pferd braucht nach einer Behandlung mindestens 48 Stunden zur " Erholung ", d.h. freie Bewegungsmöglichkeiten auf der Weide oder Paddock, um seine neue Mobilität zu realisieren. Durch die Stimulierung der Selbstkorrektur des Körpers ist es möglich, das kurzfristig ein Problem an einer anderen Stelle des Körpers auftritt. Eventuell ist es notwendig, das Pferd dann zwei bis drei Wochen nach der ersten Behandlung noch einmal vorzustellen.

Pferdeosteopathie wird demnach in Anlehnung an die  Prinzipien der  Osteopathie beim Menschen angewendet.  Sie ist zugleich eine Kunst, eine Wissenschaft und eine Technik, die darauf abzielt, das gestörte Gleichgewicht auf allen Körperebenen wieder herzustellen, d .h. das Gleichgewicht des lebenden Organismus und seiner Pathologie.

Die Pferdeosteopathie ist also keine Behandlungsmethode ausschließlich der Pathologien, sondern vielmehr die Art und Weise den lebenden Organismus als Ganzes zu begreifen. Sie stellt die notwendige Mobilität wieder her.

" Die Knochen, Muskeln, Sehnen, Ligamente und Organe können Position und Verlauf der Zellen sowie den Lauf der Körperflüssigkeiten stören, genau so wie die Felsblöcke im Flussbett den Lauf des Flusses beeinflussen." Dr. Still.

Das Problem der Osteopathen und der Osteopathie im allgemeinen liegt in der Anerkennung des Berufes. Nur Großbritannien, Irland und Belgien erkennen die Osteopathie in Europa an. Die Konsequenz der gegenwärtigen Situation bringt verschiedene Heiler und Pseudo-Osteopathen hervor, die den Titel benutzen, um damit kreuz und quer zu manipulieren. Aber wie kann der Laie den Unterschied zwischen einem Pseudo-Osteopathen und einem seriösen Osteopathen ausmachen? Nur die Therapeuten, die eine komplette Ausbildung genossen haben, dürfen sich Diplom-Osteopath (D.O.) nennen. Die Pferdeosteopathen haben in der Regel eine Basisausbildung als Osteopath für Menschen oder Tiere, denn es ist für Sie unerlässlich, über eine komplette medizinische Ausbildung zu verfügen. Denn nur dies ermöglicht es ihnen, Pathologien auszuschließen, die nicht in ihr Ressort fallen und dann das Pferd zu einem kompetenten Veterinär zu schicken.

Die Pferdeosteopathie spielt also eine grosse Rolle bei Erkrankungen des Bewegungsapparates aber auch bei chronischen Krankheiten, vor allem aber bei der Vorbeugung von akuten Erkrankungen.

Es gäbe noch viel zu sagen über des Konzept der Osteopathie. Der englische Pferdeosteopath, Mc Gregor, hat einmal gesagt: „Viele Rennpferde geben nicht alles aufgrund von Dysfunktionen. Stellen Sie sich vor, sie könnten bei jedem Schritt einen halben Zentimeter gewinnen und das nur, indem man ihnen Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme nimmt. Die Pferde könnten dann um 10 Längen gewinnen!"

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